Ulrich Reimkasten

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Werke


Über den Künstler

Ulrich Reimkasten, 1953 in Lichtenstein (Sachsen) geboren und von 1995 bis 2018 Professor für Malerei und Textile Künste an der Halleschen Kunsthochschule Burg Giebichenstein, bewies sich schon als Student und wirkender Künstler in der DDR als eigensinniger Kosmopolit.

ULRICH REIMKASTEN begann seinen künstlerischen Werdegang mit der Ausbildung zum Muster- und Textilzeichner und der frühen Auseinandersetzung mit textiler Kunst und Ornamentik verschiedener Hochkulturen, insbesondere mit vorderasiatischen Teppichen. 1974 beschloss er sein Studium an der Fachhochschule für Angewandte Kunst in Schneeberg (Erzgebirge) als Textilgestalter. Nach dem daran anschließenden Diplomabschluss an der Burg Giebichenstein 1980 arbeitete er als freiberuflicher Künstler in Berlin. Von 1985 bis 1988 war er Meisterschüler der Akademie der Künste der DDR bei Herbert Sandberg. Im SEPIA-Institut für Textile Künste, An-Institut der Burg Giebichenstein, das Reimkasten 2010 gründete, wirken seine lebenslangen Bemühungen um die Wahrung und Weiterentwicklung der textilen Künste, speziell des Bildteppichs fort.

Bereits in den frühen eigenständigen Zeichnungen der 1980er Jahre verweigert sich Reimkasten dem sozialistischen Ideal „realistischer“ Darstellung, dem zufolge die Kunst einer vorbildhaften Wirklichkeit oder Ideologie zu schmeicheln habe. Seine Zeichnungen geraten zu „letalen Begegnungen von Tier und Mensch“ (Alexander Haeder, in: Zeichnung. Tapisserie. Malerei. Ulrich Reimkasten, 2005), es geht um Aufruhr, Erotik, Zeugung, Sterblichkeit und die latent gefährdete Balance zwischen Mensch, Natur und Geschichte. Lange vor der intensiven Auseinandersetzung mit paläolitischen Höhlenzeichnungen (1992-96 Reisen nach Frankreich und Spanien) und dem Leben indigener Völker (ab 1996 vier Reisen zu den Tarahumara, Sierra Madre, Mexiko) unternimmt der Künstler Experimente mit selbst gefertigten Malmitteln, zum Beispiel Beizen aus Naturstoffen und gelösten Quarz- und Steinmehlen, Lehm oder sogar der Tinte von Pilzen. Seine Liebe zur Materialität und Verdichtung der Bildoberfläche zeigt Parallelen zu Wolfgang Petrick. Unter der oberen „Haut“ der Graphiken verbergen sich Notizen/ Textbotschaften, Zitate prähistorischer Ikonographien oder ornamental verschlungene Menschen und Tierwesen. Themen wie die Verkünstlichung der Welt und die fortschreitende Regulierung von Natur und Mensch in der Neuzeit setzt Reimkasten in Bezug zu universalen Mythen und der Idee einer genetischen Verkettung von Kultur und Natur. „Letztendlich interessiert mich das Widernatürliche, die Widernatürlichkeit unserer Welt.“ (Ulrich Reimkasten)

Kurzvita

1953 Geboren in Lichtenstein (Sachsen)
1969 Ausbildung zum Muster- und Textilzeichner, frühe Auseinandersetzung mit textilem Kunsthandwerk verschiedener historischer Hochkulturen, insbes. vorderasiatischen Teppichen
1971 Studium an der Fachhochschule für Angewandte Kunst Schneeberg, Erzgebirge
1973-78 Besuch des Zeichenunterrichts bei dem spanischen Wandmaler Josep Renau in Berlin
1974 Abschluss als Textilgestalter, Fachhochschule für Angewandte Kunst in Schneeberg (Erzgebirge)
1975-80 Diplomabschluss Hochschule Burg Giebichenstein (Halle) am Fachbereich Bildteppichgestaltung
1980-95 Arbeit als freischaffender Künstler im Prenzlauer Berg — erste zentrale Schaffensphase nach dem Studium im Kreise von Kunstschaffenden wie Lothar Böhme, Werner Stötzer, Heidi Woitinek, Jochen Berg, Dieter Gantz, Petra und Florian Flierl, Trak Wendisch, Lutz Rudolph, Matthias Frotscher und unter Förderung von Kunsthistorikern wie Alexander Haeder, Matthias Flügge und Eckhart Gillen; Tierzeichnungen, architekturbezogene Kunst, großformatige Wandteppiche und Druckgraphik
1985-89 Meisterschüler der Akademie der Künste der DDR bei Herbert Sandberg
1986 Reisen nach Georgien, West-Berlin, Hamburg // Erste Einzelausstellung, Galerie Sophienstraße 8, Berlin
1989 Reise nach Nordkorea, Begeisterung für klassische koreanische Malerei // erste Bilder mit eigenen Wasserfarben, Kirschgummibilder
1990 Gründungsmitglied der Künstlervereinigung Kunst und Form Berlin, Vorstandsmitglied bis 1996
1992 Lehrauftrag an der Burg Giebichenstein Hochschule für Kunst und Design Halle, Fachbereich Kunst // erste von insgesamt vier Reisen zu den paläolithischen Höhlen in Frankreich und Spanien
1995 Berufung zum Professor für Malerei und Textile Künste, Burg Giebichenstein
1996 Erste von fünf Reisen zu den Tarahumara, Sierra Madre, Mexiko, angeregt durch Antonin Artaud
1998 Umzug von Berlin nach Halle (Saale)
1999 Goldener Schnitt, Textile Plastik, Mädler-Passage Leipzig, Auftragswerk für PricewaterhouseCoopers
2002 Erster Arbeitsaufenthalt im Atelier Blücherhof in Mecklenburg-Vorpommern (bis 2022)
2000-2019 Gesamtgestaltung der Elisabeth-Kapelle, Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara Halle (Saale)
2010 Gründung des SEPIA-Instituts für Textile Künste, An-Institut der Burg Giebichenstein
2011 Der Hallesche Bildteppich, SEPIA-Ausstellungsprojekt, Willi-Sitte-Galerie, Merseburg
2014 Luthers letzte Reise, monumentale Tapisserie für Luthers Sterbehaus, Eisleben, UNESCO-Weltkulturerbe
2016 Hallescher Kunstpreis // Mitinitiator und -organisator des Textilen Herbstes 2016 in Halle // Perspektiven der Textilen Künste, Internationales Symposium, SEPIA-Projekt
2018 Emeritierung // Atelier in der Frohen Zukunft, Halle, ehemals Atelier von Willi Sitte
2019 Auf Einladung des deutschen Generalkonsulats Vortragsreise in Canada zum Thema Kunst in Ostdeutschland
2020-23 intensive Beteiligung an Kunst-am-Bau-Projekten, Einladungen und Preisträger (München, Eberswalde) deutschlandweit und in der Schweiz
2022 Umzug in das neue Atelier auf dem mittelalterlichen Templerhof Wettin

Werke im öffentlichen Besitz

Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle, Kustodie | Berliner Senat | Land Sachsen-Anhalt | Luthers Sterbehaus, Eisleben | St. Joseph-Krankenhaus, Berlin | Krankenhaus St. Elisabeth und St. Barbara in Halle (Saale) | Fraunhofer-Center für Silizium-Photovoltaik CSP, Halle (Saale) | Friedrich-Schiller-Universität Jena | Staatliche Museen Preußischer Kulturbesitz | Diakoniewerk Halle, Moritzburg Kunstmuseum des Landes Sachsen-Anhalt

Dr. Eckhart Gillen zu Vita und Werk von Ulrich Reimkasten | Podiumsgespräch Galerie feinart berlin Februar 2023